Dientzenhofer Johann
Sohn des Georg Dientzenhofer, eines Bauern auf dem Gugghof bei St. Johann. Er war der jüngste der Dientzenhofer-Brüder, Architekt und Baumeister, zusammen mit seinem Bruder Georg und Leonhard Schöpfer des barocken Erscheinungsbildes von Bamberg und vieler anderer sakraler und profaner Bauten des Bamberger Domkapitels, Hofbaumeister des Bamberger Fürstbischofs Lothar Franz von Schönborn, Ehemann von Maria Eleonora und Vater von elf Kindern. Von diesen waren seine Söhne Justus Heinrich (1702-1744) und Gottfried, die als Bauinspektoren in Sulzbach tätig waren, am aktivsten am Bau beteiligt.
Johann Dientzenhofer wurde 1663 als achtes und jüngstes Kind der Ehe von Georg Dientzenhofer und Barbara Thanner auf dem Gugghof beim Dorf St. Margarethen in der Pfarrei Flintsbach am Inn bei Brannenburg in Oberbayern geboren und war der jüngste der Dietzenhofer-Brüder. Er wurde am 25. Mai 1663 in der Kirche in Flintsbach getauft. Wie die anderen Geschwister besuchte er die Schule in Flintsbach.
Vermutlich in der Zeit nach dem Tod seines Vaters Georg am 20. Februar 1673 folgte Johann seinen älteren Geschwistern, die auf der Suche nach Bildung und Arbeit bereits den Hof der Familie verlassen hatten. Die Geschwister Dientzenhofer verschlug es nach und nach in die Metropole Prag, die mit der einsetzenden Rekatholisierung nach der Schlacht am Weißen Berg 1620 ein barockes Baufieber erlebte. Und Prag kann als der erste große Wendepunkt im Leben der Brüder Dientzenhofer bezeichnet werden.
Im Jahr 1677 wird der erste der Dientzenhofer-Brüder, der älteste Georg, in Prag schriftlich erwähnt.
Johann wird erstmals 1678 im Alter von 15 Jahren in Prag erwähnt, und zwar im Zusammenhang mit der Hochzeit seiner Schwester Anna, die in Prag Wolfgang Leuthner heiratete, von dem man annehmen kann, dass er mit dem bekannten Prager Baumeister und Architekten Abraham Leuthner verwandt ist. Alle Dientzenhofer-Geschwister sind bei der Hochzeit anwesend.
Die beiden Familien Leuthner und Dientzenhofer waren später eng miteinander verbunden. Die familiären Bindungen waren sicherlich auch für die spätere Mitarbeit von Georg, Christopher, Leonhard und Johann im Bauunternehmen von Abraham Leuthner von Bedeutung.
In den folgenden Jahren erlernte Johann das Maurerhandwerk bei Abraham Leuthner.
Im Jahr 1683 wird Johann als Trauzeuge bei einer Hochzeit in der Thomaskirche auf der Prager Kleinseite und 1685 im Register der Kirche St. Maria unter der Kette auf der Prager Kleinseite aufgeführt. Im selben Jahr wird er als Lehrling von Abraham Leuthner erwähnt. In Prag heiratet Johann Marie Eleonora.
1695 tritt Johanns Bruder Leonhard als Hofbaumeister in den Dienst des fürstlichen Hauses Schönborn in Bamberg und hat von nun an die Möglichkeit, das barocke Erscheinungsbild Bambergs grundlegend zu bestimmen.
Zu Leonhards Projekten in Bamberg gehören der Umbau des Benediktinerklosters auf dem Michelsberg zu einem einheitlich geregelten Barockbau, der Bau der Neuen Bischöflichen Residenz und der barocke Umbau von Karmeliterkirche und Kloster.
Johann wird von Leonhard nach Bamberg eingeladen, wo er bereits 1692 als Werkmeister am Umbau des Karmeliterklosters in Bamberg mitarbeitet.
Johann arbeitet auch als Vorarbeiter auf dem Michelsberg in Bamberg, wo er 1698 erwähnt wird.
Im Jahr 1698 wird Leonhard die Stelle eines kurfürstlichen Baumeisters in Mainz angeboten. Leonhard schlägt stattdessen seinen Bruder Johann vor, der jedoch abgelehnt wird.
Johann besteht 1699 die Meisterprüfung der Maurerzunft in Bamberg und erhält dort das Bürgerrecht.
Im Herbst 1699 schickt der Bamberger Kurfürst Lothar Franz von Schönborn Johann Dientzenhofer nach Rom, um seine architektonischen Fähigkeiten zu verbessern. Johann bleibt bis Mitte des 17. Jahrhunderts in Rom und kehrt dann nach Bamberg zurück.
Am 4. September 1700, nach der Rückkehr von seiner Bildungsreise nach Italien, wird Johann Dientzenhofer auf Empfehlung von Lothar Franz von Schönborn vom Fuldaer Fürsten Patrick Adalbert I. von Schleifras (1650-1714) zum Hofarchitekten in der hessischen Hauptstadt Fulda ernannt.
Am 18. März 1704 schloss Johann als Hofbaumeister in Fulda mit Fürst Adalbert von Schleifras einen Vertrag über den Bau der Stiftskirche St. Salvator über dem Grab des heiligen Bonifatius in Fulda. Die Kirche, später Dom zu Fulda genannt, ist Johanns erstes eigenständiges Projekt. Die Kirche wurde zwischen 1704 und 1712 erbaut.
Im Jahr 1706 wird der erste Abschnitt des umfangreichen Umbaus des Fuldaer Schlosses nach Johanns Plänen begonnen. Bis 1711, als Johann Fulda verlässt, wird der Bau direkt unter der Leitung von Johann Dientzenhofer abgeschlossen und alle Flügel zur Stadt hin fertiggestellt. Das Schloss wird erst 1721 fertiggestellt.
1707 baut sich Johann Dientzenhofer in Fulda in der Rittergasse 4 ein eigenes Haus, das der Legende nach aus den beim Bau des Fuldaer Doms übrig gebliebenen Steinen errichtet wird.
Johanns Bruder Leonhard kommt am 26. November 1707 in Bamberg auf tragische Weise ums Leben.
Nach Leonhards Tod bittet Johann den Kurfürsten von Bamberg, Lothar Franz von Schönborn, mit Schreiben vom 30. November 1707, Leonhards Nachfolger bzw. Hofbaumeister in Bamberg zu werden. Auf Beschluss des Kurfürsten kann er sein Amt 1708 antreten, allerdings unter der Bedingung, dass der Dom in Fulda bis 1712 fertiggestellt wird. Tatsächlich wird er in diesem Jahr geweiht. Die Ernennung wird schließlich 1711 von Lothar Franz von Schönborn bestätigt.
Zwischen 1707 und 1713 lässt der Bamberger Fürstliche Geheimrat Johann Ignaz Tobias Böttinger (1675-1730) das Stadtschloss in der Judenstraße in Bamberg, das sogenannte Böttingerhaus, nach italienischen Vorbildern entwerfen und bauen. Für diesen Baumeister errichtete Johannaz 1716-1722 auch ein zweites Stadtpalais, das Palais (oder Villa) Concordia. In Bamberg, in der Karolinen Straße 11, baute Johann zwischen 1714 und 1716 für Baron Heinrich Karl von Bibra das Bibra Haus oder Bibra Palais.
1708 zieht Johann mit seiner Familie endgültig von Fulda nach Bamberg um.
Im Jahr 1709 wird Johann von Adalbert von Schleifras, dem Fuldaer Kurfürsten, beauftragt, ein Projekt für den Bau einer repräsentativen Sommerresidenz auf Schloss Bieberstein bei Fulda zu entwerfen. Das Gebäude wird erst 1723 vollständig fertiggestellt.
Nach Leonhards Tod übernimmt Johann auch die Fortführung der Bauarbeiten für das Kloster Banz bei Bamberg. Im Jahr 1709 entwirft er Pläne für eine neue Klosterkirche. Die Grundsteinlegung findet am 10. Mai 1710 statt, der Rohbau wird 1713 fertiggestellt. 1718 wird die Kirche fertiggestellt und am 15. Oktober 1719 geweiht.
Am 1. September 1711 bestätigt Lothar Franz von Schönborn die Ernennung von Johann Dientzenhofer zum Hofbaumeister des Bamberger Kapitels. Am selben Tag unterzeichnen sie gemeinsam einen Vertrag über die Planung und den Bau des monumentalen Schlosses Weißenstein in Pommersfelden. Hier bekommt Johann die Gelegenheit, seine "monumentale römische Formensprache" in großem Maßstab anzuwenden. Am 1. Oktober 1711 findet die Grundsteinlegung statt, bei der der Baumeister selbst nicht anwesend ist, da er als Erzkanzler des Reiches die Wahl Karls VI. zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches leitet. Die Grundsteinlegung für den Mittelbau erfolgt 1713, die Fertigstellung des Gesamtbaus 1718. Schloss Weißenstein stellt einen bedeutenden Schritt in der Entwicklung der deutschen spätbarocken Schlossarchitektur dar und ist zugleich das bedeutendste Werk Johann Dientzenhofers.
In den Jahren 1715-1718 baut Johann das Spital im oberfränkischen Kronach mit der Spitalkirche St. Anna.
Von 1720 bis 1723 wird Johann zum Bauinspektor für den Bau der fürstbischöflichen Residenz in Würzburg, der Hauptstadt Unterfrankens, ernannt.
1726 wird Johann Gottfried, Johanns Sohn, aus dem fürstlichen Dienst des Herzogs Karl Theodor von Pfalz-Sulzbach entlassen und wegen seiner Machenschaften mit dem Vermögen des Herzogs inhaftiert. Vom 14. Juni und 4. Juli 1726 sind bescheidene Briefe an Herzog Karl Theodor mit der Bitte um Entlassung aus der Haft dokumentiert
Johann Dientzenhofer stirbt plötzlich am 20. Juli 1726 in Bamberg im Alter von 63 Jahren.
Seine Frau Marie Eleonora überlebt ihn um neun Jahre (†16. Juli 1735), von den elf Kindern erreichen neun das Erwachsenenalter. Johann wird in der Familiengruft in der Stadtpfarrkirche St. Martin (Alt) am Maximiliansplatz in Bamberg beigesetzt (die Kirche existiert nicht mehr).
Sein Sohn Justus Heinrich (1702-1751) setzt seine Bautätigkeit fort und wird Hofbaumeister in Bamberg. Sein Sohn Johann Gottfried arbeitet als Bauinspektor am fürstlichen Hof in Sulzbach, ein weiterer Sohn tritt in den Benediktinerorden ein.
Johann ist für Dutzende von Projekten verantwortlich, wie das Schloss Herzogenaurach bei Erlangen, das Schloss Seehof bei Bamberg, das Schloss Höchstadt ad Aid, das Schloss Reichmannsdorf bei Bamberg, das Schloss Dankenfeld in Unterfranken, das Schloss Ullstadt, das Schloss Löwenstein in Kleinheubach, das Reithallengebäude neben der Neuen Residenz in Bamberg, die Bürgerhäuser in Bamberg in der Karolinenstraße 11, Haus zum Tüthorn in der Karolinenstraße 6, das Raulinohaus am Grünner Markt 14, das Rotenhan Palais in der Kapuzinerstraße, die Kirche in Burghaun, das Litzendorf, das Rathaus in Bad Kissingen, das Finanzamt in Kronach, das Dekanat Neulobdeburg sowie ungewöhnliche Bauten wie das barocke Tor zwischen Stadtschloss und Stadtmauer in Fulda, das Paulustor.
Johann Dientzenhofer ist neben seinem Bruder Christoph der begabteste Architekt der ersten Baumeistergeneration der Familie Dientzenhofer. Nach seinem Tod hinterlässt er keine großen Geldbeträge, sondern Schulden bei seinen Bauherren, die die Erben erst wieder eintreiben müssen, so zum Beispiel im Fall des Klosters Banz bis 1748.